Datum/Zeit
am 20.11.16
14:00 - 17:00 Uhr
Veranstaltungsort
Mittendrin-Museum Freudenberg
Kategorien
Ein Querschnitt des Schaffens dieses Malers jetzt in Freudenberg zu sehen
Er wollte unbedingt ein Stück Heimat auf diese Weise mitnehmen. So erläuterte Siegfried Reich selbst seinen Namenszusatz. Der Künstler, geboren 1912 in dem Fischerdorf Stolp am Fluss Stolpe in Pommern, setzte den Ort fortan an seinen Namen: Siegfried Reich an der Stolpe. Die Nähe zu Max Pechstein (1881–1955), einem der führenden Vertreter des deutschen Expressionismus, prägte ein Stück weit seinen Lebensweg, der ihn bald nach Berlin führt. Hier studierte er an der Kunstgewerbeschule, später an der Akademie für bildende Künste.
Bald griff er surrealistische und abstrakte Tendenzen auf. Auch er erlebte die bittere Erfahrung, wie seine Bilder als „entartet“ beschlagnahmt werden.
Nach dem Krieg 1946 lässt sich Reich an der Stolpe in Frankfurt am Main nieder. Der Ortswechsel und die Kriegserlebnisse markieren einen künstlerischen Neubeginn, er beteiligt sich in den kommenden Jahren lebhaft am Diskurs über neue Formen in der Kunst.
Die Künstlergruppe CoBrA lädt ihn zu Ausstellungen ein. Mit diesem Namen, der die Anfangsbuchstaben der Hauptstädte Copenhagen, Brüssel und Amsterdam kombiniert, markieren die Künstler die internationale Ausrichtung ihrer progressiven Gruppe. Bald verlegt Siegfried Reich an der Stolpe seinen Lebensmittelpunkt nach Spanien, wo er auch 2001 in Altea stirbt.
In einen überaus kenntnisreichen Vortrag zur Vernissage widmete sich Dr. Gunhild Zimmermann-Müller dem Künstler und seinem Werk. Die Vertreter der klassischen Moderne hätten ein neues Weltbild geschaffen, selbst geprägt durch Zerrissenheit und Zerstörung in ihrer Biographie. Von Siegfried Reich an der Stolpe gehe eine deutliche grundsätzliche Lebensbejahung aus. Er habe ein faszinierendes Faible für kräftige und effektvolle Farben gehabt. Gunhild Müller-Zimmermann schildert den Maler als ausgesprochenen Individualisten, der die von ihm wahrgenommenen Erlebnisse in künstlerische Formen gegossen habe. Immer sei seine Nähe zur Natur spürbar: „Seine Bilder strahlen einen Zauber aus, sie beschrieben eine von Erdenschwere befreite Zukunftswelt.“
Er konfrontiere die Betrachter seiner Werke mit einer Energie aus vielschichtigen Malweisen und transportiere mit seiner „gefühlten Realität“ menschliche Sehnsüchte.
Die Tochter des Malers, Beatrice Schneider, bedankte sich ausdrücklich, dass die von ihr bestückte Ausstellung in dem kleinen aber feinen Freudenberger Museum möglich werden konnte. Ebenso fand die intensive Vorbereitung durch Dr. Ingrid Leopold ihre Anerkennung.
Eine breite Übersicht der Werke des Malers ist nun noch bis zum 20. November im Freudenberger Mittendrin-Museum zu sehen. Die Ausstellung, die den Titel „Emotionalismus und informelle Malerei“ trägt, kann jeweils mittwochs, samstags und sonntags von 14 Uhr bis 17 Uhr besichtigt werden.
Der Eintritt beträgt 3 Euro.
Fotos: 4Fachwerk Freudenberg e.V